Zum Inhalt springen

[DE] Component Engineering beginnt, wenn Preisverhandlungen gescheitert sind

Vielleicht waren Sie auch mal Teil einer Gruppe von MitarbeiterInnen Ihrer Firma, die mit Herstellern Preise elektronischer Bauteile verhandelten. Vielleicht war es erfolgreich, vielleicht auch nicht und die Preise blieben gleich oder stiegen sogar.

Wo die Verhandlungen enden, beginnt Component Engineering – und endet eventuell noch in einer Win-Win Situation. Im Detail:

Der Einkauf kann ausschließlich Bauteile verhandeln, die von R&D freigegeben wurden. Aber oft hat

  1. Der aktuelle Hersteller A günstigere Alternativen, die (noch) nicht freigegeben wurden.
  2. Kann Hersteller B Ihnen kompatible Bauteile anbieten, die bislang nur von Hersteller A freigegeben sind.  

Zu 1) Derselbe Hersteller, gibt es Alternativen?

Als Vertreter des Component Engineering, am Tisch mit vielen EinkäuferInnen und VertreterInnen der Lieferanten stelle ich, vor allem nach erfolglosen Preisdiskussionen die Frage:

„Da Sie nichts am Preis des gegebenen Bauteiles machen können: Was ist Ihre nächstbeste Alternative“?

Die Antworten sind:

  • Brauchen Sie die volle Funktionalität?
    • Evtl. existieren Varianten, die einige Funktionen NICHT eingebaut haben, und die auch nicht benötigt werden.
  • Brauchen Sie den vollen Temperaturbereich?
    • Die übliche Denkfalle ist: „Ja, wir haben ein Endgerät, das wirklich bis -40 Grad und bis +80 Grad funktionieren muss. Aber oft sind das kleine Teilmengen, so dass es sich lohnt, die eine Komponente in zwei Firmen-Teilenummern aufzuspalten: a) billig, Highrunner  b) teuer, lowrunner
  • Sie verwenden einen steinalten Chip. Wollen Sie nicht umsteigen?
    • Limitieren Sie sich nicht auf: „das andere Bauteil ist ja nicht FFF= Form, Fit, Function kompatibel.  Fragen Sie sich stattdessen: „In welchem Zeitraum zahlt es sich zurück, die Änderungen auf das andere Bauteile zu implementieren?  Das kann eine Layout-Änderung der Leiterplatte sein, oder „nur“ eine Anpassung der Firmware oder einen Freigabetest in der EMC Kabine. Wenn sich die Investition bei R&D nach weniger als 12 Monaten durch die Einsparungen zurückzahlt: Was hält Sie dann auf?  Keine Resourcen? Keine Ausrede! Outsourcen…


Nun aber zum weitaus spannenderen Thema:

Zu 2) Gibt es ein kompatibles Bauteil bei einem anderen Hersteller,

oder: Wie bringt man Hersteller B dazu, richtig gute Einsparungen auf dem Silbertablett zu liefern

Die Frage am Verhandlungstisch lautet:  Wir haben hier eine Liste von Hersteller-Teilenummern, bei denen sind Sie als Hersteller B noch nicht freigegeben. Können Sie uns Alternativen nennen?

Das kann recht zeitraubend sein – deshalb hier die Methode, wie solch ein Prozess mit weniger als einer Stunde Aufwand durchlaufen werden kann.

Dazu ein kurzer Ausflug zu SiliconExpert.

Nehmen wir mal an, Sie haben Ihre AMPL (=Approved Manufacturer Part list) gepflegt, sie kennen die Hersteller-Teilenummern, die unter einer Firmen-Teilenummer freigegeben sind, und die Schreibfehler sind eliminiert. Mehr dazu hier 

Dann werden Ihre Hersteller-Teilenummern bei SiliconExpert gefunden, und viele Bauteile-Eigenschaften sind automatisch verfügbar: Lebenszyklus, Abkündigung, ROHS Konformität und der sogenannte Taxonomy path.

Taxonomy path ist eine Art hierarchische Kategorisierung. Beispiele:

  • Resistors > Fixed Resistors > Resistor Fixed Single-Surface Mount
  • Capacitors > Fixed Capacitors > Capacitor Aluminum
  • Diodes, Transistors and Thyristors > FET Transistors > MOSFETs

Vorgehensweise, die sich in der Praxis bewährt hat:

Schritt 1:  Schicken Sie dem Hersteller

  • die Gesamtliste aller Taxonomy paths all Ihrer Einkaufsteile, und nur diese.
  • Fordern Sie den Hersteller auf, alle Zeilen (=Bauteile-Kategorien) anzukreuzen, bei denen er glaubt, gute und günstige Komponenten liefern zu können.

Schritt 2: Filtern Sie Ihre Einkaufsliste nach:

  • alle Zeilen mit diesen angekreuzten Taxonomies.
  • die Stückzahlen oder Einkaufswert >x haben – ein CE Projekt sollte sich lohnen.
  • bei denen der Hersteller noch NICHT freigegeben ist.
  • Addieren Sie die derzeit freigegebenen Hersteller und Hersteller-Teilenummern.

Schritt 3: Bitten Sie den Hersteller

  • Sein FFF kompatibles Bauteil aufzulisten.
  • Falls ein nicht-FFF Bauteil angeboten wird, sollten die Unterschiede genannt werden.
  • Inclusive seines Preises.

Schritt 4: Holen Sie sich die Rosinen aus der Angebotsliste

  • Wie immer ist die CE Einsparung sehr simpel:  Stückzahl x (heutiger Preis – neues Preisangebot)
  • Liegen die Ersparnisse über X (z.B. 1000€), wird ein kleines CE Projekt gestartet, um das neue Bauteil zusätzlich zu ihrer bestehenden AMPL für Firmenteilenummer X zu qualifizieren.

Mehr zur Kostenrückrechnung auch in meinem früheren Blogartikel über Component & Value Engineering im Allgemeinen, und auch die Methoden bei Bauteileknappheit sind hier anwendbar, siehe hier.

Wie immer bin ich gespannt auf Ihr Feedback, insbesondere ob Sie die Methode angewandt haben und ob es bei Ihnen auch erfolgreich war.

Und gerne unterstütze ich Sie auch dabei.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert